2001-04-04: "Das Ende der Ferrari-Ära?""

Nur um diesen Grand Prix zu sehen, musste ich versprechen, dass ich in der Woche nach Ostern eine ganze Wohnung streiche, 6 Stunden Klamotten einkaufen gehe und eine Wohnung feudele, in der ich noch nicht einmal selbst wohne. Und ich muss sagen: Das war es wert.
Allein zu sehen, wie Juan Pablo Montoya in seinem 3. Formel 1 GP überhaupt den dreimaligen Weltmeister Michael Schumacher nach dem Neustart überrumpelte und ihm zeigte, wie man in der heutigen F1 überholen kann, ihn dann souverän in Schach hielt und Rundenzeiten vorlegte, die nicht nur Jean Todt sondern auch Ron Dennis ins Grübeln bringen sollten, ließ mein Herz höher hüpfen. Bis zu seinem Ausfall, den er übrigens sehr locker zu nehmen schien, fuhr Montoya ein sensationelles Rennen; leider wurde uns verwährt zu sehen, wie er sich im Regen schlägt. Danke, Jos.
Sowieso schienen die Williams dermaßen stark, dass man, wenn sie nicht vom Pech verfolgt würden, sogar eine - zwar geringe - WM-Chance einräumen müsste. Die Rundenzeiten von Ralf, der zwar nach der Torpedierung durch Rubens 4 Runden zurücklag, waren konkurrenzlos. Leider erreichen die britisch-deutschen Fahrzeuge trotz technischer Zuverlässigkeit zu selten ohne Zwischenfall das Ziel. Danke, Rubens.
Aber auch Mika Hakkinen ist in dieser Saison noch kein Glückspilz. Das Resultat daraus ist ein einziges Pünktchen aus 3 Rennen, 2 Ausfälle wegen technischen Defekts und jede Menge Reisekilometer für gar nichts.
Anders sein Teamkollege. Er fuhr bisher zwar eine unauffällige Saison, holte aber immer das Bestmögliche aus jeder Situation. 2. und 3. bei den ersten Rennen, somit immer eine deutliche Verbesserung gegenüber der Startposition und bester Nicht-Ferrari. Und auch dies Rennen begann er eher verhalten. Durch die geniale Taktik, dem Wagen schon von Beginn an etwas mehr Bodenfreiheit zu geben, dazu hier und da mehr Flügel um im Fall der Fälle bei nassen Bedingungen ein konkurrenzfähiges Auto zu haben und trotzdem im Trockenen nicht allzu viel zu verlieren. So konnte er trotz des katastrophalen taktischen Fehlers, DC erst eine Runde später zum Reifenwechsel hereinzuholen, im Regen schneller fahren als der Rest des Feldes, dabei den Zuschauer mit einem schön anzusehenden Überholmanöver verwöhnen und das Rennen gewinnen. Und damit ganz nebenbei zum ärgsten WM-Rivale Michael Schumachers werden.
Dieser sollte mit dem Rennausgang aber auch hochzufrieden sein. Denn nicht nur, dass er viel zu früh zum ersten Stop hereingeholt wurde und sich 2 Mal von der Piste gedreht hat. Zudem konnte er zu keiner Zeit wirklich schnell fahren, weder im Trockenen nach dem Stopp, als er freie Fahrt hatte; und noch viel weniger unter nassen Bedingungen. Und da möchte ich ins gleiche Horn stoßen wie Norbert Haug. Intermediates hin oder her, wenn beide Ferrari im Regen von Malaysia 5 Sekunden schneller als der Rest des Feldes sind, mit Traktionskontrollen-Anschuldigungen überhäuft werden und dann beim nächsten GP nicht nur im Trockenen ihre Dominanz einbüßen, sondern auch noch im Regen chancenlos sind, ruft das - zumindest bei mir - Stirnrunzeln hervor. Die Performance des Ferrari-Teams lässt den Schluss zu, dass die Ferrari-Ära, die laut Schumacher mit dem ersten GP dieser Saison begonnen hat, schon jetzt ein jähes Ende gefunden hat.
Zu Rubens Barrichello äußere ich mich heute nicht. Wenn man nichts Positives über jemanden zu sagen hat, sollte man lieber gar nichts sagen. Aus eben diesem Grunde erwähne ich auch den Namen Jenson Button nicht. Und auch Jordan war bei einsetzendem Regen nicht mehr so stark wie zuvor. Frentzen-Ausfall, Trulli nur 5. hinter einem BAR und einem Sauber. Das ist nicht zufriedenstellend.
Anders Olivier Panis. Was viele - allen voran ich - für ausgeschlossen hielten, nämlich, dass der Franzose Villeneuve in ernste Bedrängnis bringen könnte, scheint sich nun doch zu bewahrheiten. Er ist im Rennen sogar regelmäßig schneller als Jaquces. Und anders als bei seiner ersten Zielankunft in diesem Jahr, wurden ihm die verdienten Punkte diesmal nicht abgezogen. Villeneuve muss, um nicht Ende des Jahres keine andere Chance zu haben, als bei BAR zu bleiben, eine deutliche Leistungssteigerung bringen. Derzeit ist er für mich die Enttäuschung der Saison.
Eine der positiven Überraschungen ist weiter Sauber. Unspektakulär (vom Überholmanöver gegen Trulli abgesehen), aber sehr konstant steuern dort beide Piloten ihr Fahrzeug immer wieder in die Top Ten der Startaufstellung, im Rennen konnte bislang aber nur Heidfeld so richtig überzeugen. Von dieser Stelle meine herzlichsten Glückwünsche zum Dritten Platz an Dich, Nick! Und Respekt vor Peter Sauber, der das Risiko zweier sehr junger Fahrer einging, welches sich schon jetzt auszuzahlen scheint.
Einen ganz anderen Weg geht da Toyota. Mit Salo und McNish werden dort in der kommenden Saison 67 Jahre Lebenserfahrung in den Cockpits sitzen, was aber für die Debütsaison durchaus kein Nachteil sein wird. Wie stark Toyota sein wird, muss man abwarten, aber sicher ist, dass die Japaner als 2. Team neben Ferrari mit einem komplett eigengefertigten Fahrzeug an den Start gehen und spätestens 2003 auf dem selben Niveau wie die Italiener agieren wollen. Und wenn Ferrari so weitermacht wie in Brasilien ist das ein sehr realistisches Ziel!

Euer Alex!

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